Das Leben ist Veränderung .. aber wie?
Leben ist Wandel und alles ist ein ständiger Prozess. Das wissen wir alle und Anpassungsfähigkeit und Flexibilität wird in unserer Gesellschaft groß geschrieben.
Tatsache ist, der Mensch ist ein Gewohnheitstier und einfach der Umstand, dass sich etwass verändert, kann unter Umständen mehr oder weniger starke Widerstände auslösen. Diesen Widerständen liegen oftmals verdeckte Motive zu Grunde. Doch sind weder diese Motive noch der Widerstand ein wirkliches Problem sondern viel mehr der Umgang damit.
Diese Widerstände haben verschiedene Erscheinungsformen. So kann eine Veränderung, die nicht selbstgewählt ist, starke Ängste und Befürchtungen auslösen. Angst ist zu verstehen als Abwehrverhalten als Reaktion auf Veränderungen, die ein Mensch nicht selbst initiiert hat. Diese Abwehr kann sich in Form von Sachargumenten äußern, die gegen die Veränderung vorgebracht werden. .
In einer sachlichen Diskussion geht es um inhaltliche Klärung, um Orientierung oder um Weiterentwicklung der eigenen Erfahrungen durch Erkenntnisgewinn. Ob Sachargumente "echt" oder "vorgeschoben" sind, lässt sich daran ablesen, ob der Gesprächspartner für Gegenargumente empfänglich ist und sich überzeugen lässt, wenn diese fundiert sind. In einer sachlich orientierten Diskussion kommen immer wieder dieselben Argumente auf den Tisch und drehen sich meist um einen oder mehrere Sachverhalte. Es gibt einen "roten Faden" und inhaltlich nachvollziehbare Begründungen.
Anders bei den vorgeschobenen Argumenten. Sie werden als rhetorisches Mittel eingesetzt und ihr Ziel ist nicht Erkenntnisgewinn und konstruktiver Einfluss auf Prozesse sondern im Gegenteil, Blockieren, Verhindern, Stören und Entmutigen. Die vorgeschobenen Argumente verändern ihre Gestalt, sie tauchen in Form mal dieser und mal jener Aussage auf. Ist eines der Contra-Argumente in einer sachlichen Diskussion nicht haltbar, taucht bald das nächste Contra-Argument auf. Oft kommen bereits ausdiskutierte Themen in veränderter Gestalt wieder. In den Diskussionen werden Verbündete gesucht.
Wichtig ist das Thema in der Polyamorie deswegen, weil erstaunlich viele Menschen den Entschluss ihrer Partner und Partnerinnen, polyamor leben zu wollen, scheinbar nicht als feste Entscheidung sondern als umkehrbare Entscheidung betrachten. Ich habe mir das schon relativ früh abgewöhnt, Illusionen durch meine eigene Unklarheit zu füttern, weil das am Ende nur zu Machtkämpfen innerhalb meines Beziehungsnetzes führt. So betrachte ich Machtkämpfe, nämlich als Feedback meiner Partner an mich, dass sie meine Entscheidungen als umkehrbar betrachten. Ich selbst werte diese Worte nicht als die konkrete Handlungsaufforderung, in der sie sich darstellt. Sondern als Hinweis, dass sich jemand überfordert fühlt und es Beziehungsarbeit braucht oder die Eigeninteressen einer Person beschnitten werden.
Und das ist ein echter Belastungsfaktor in der Polyamorie:
Wenn ich eine Beziehungen eingehe, sei es eine oder mehrere, muss ich etwas von mir aufgeben, sei es ein Hobby oder die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, was ich tue, ein Stück weit Handlungsfreiheit, weil ich zumindest auf die Befindlichkeiten und Gefühle meiner PartnerInnen Rückscht nehme, wenn ich mir Verbundenheit und Nähe wünsche. Das gleiche passiert auch, wenn mein Partner oder meine Partnerin eine neue Beziehung eingeht, da es Teil der polyamoren Vereinbarung ist, anderen Beziehungen Raum zu geben. Oftmals hört das Commitment aber an den Stellen auf, wenn die Eigeninteressen zu sehr überschritten werden - was ja auch der subjektiven Wahrnehmung des einzelnen unterliegt, wann diese Eigeninteressen gefühlt zu sehr überdehnt werden. Oftmals werden die geführten Diskussionen dann recht emotional - was jedoch nicht bedeutet, dass die Sachargumente nicht auch stichhaltig sind, sondern nur bedeutet, dass Gesprächspartner souverän mit Gefühlen der von Veränderungen betroffenen Menschen umgehen können sollten. Aber auch deutlich trennt, wo es um Gefühle geht und wo auf der Sachebene die Eigeninteressen zu stark beschnitten werden. Und dort an Lösungen arbeitet und sich um Kompromisse bemüht, ohne wiederum die eigenen Interessen zu sehr zu überdehnen.
Und oftmals lassen sich emotionale Widerstände entweder durch Beziehungsarbeit oder durch das Finden von Kompromissen auflösen, die neue Handlungsalternativen aufzeigen. Das Gefühl von Selbstermächtigung kann ein sehr entlastender Faktor in Veränderungsprozessen sein und konstruktiv auf den Prozess wirken, sobald Menschen sich einbezogen fühlen. Anders sieht es aus, wenn eine Person einfach stur gegen jede Veränderung ist, weil die Beziehungsebene gestört ist. . . Dann ist die Abwehr nicht aus Angst motiviert.
Der nur scheinbare Gegenspieler zur Angst im Abwehrverhalten ist die Reaktanz, das heisst die Aufwertung der bedrohten Handlungsalternative. Das kann bisweilen erstaundliche Auswirkungen haben. Auch in der Polyamorie. So kommt es, dass eine Beziehung, die eher leblos war und fast schon totgeglaubt, plötzlich wieder an Fahrt aufnimmt und in Bewegung gerät, wenn bei einem der beiden PartnerInnen eine neue Beziehungsperson ins Spiel kommt. Oder Dinge, die jahrelang kein Bestandteil einer Beziehung waren, plötzlich elementar wichtig werden, obwohl sie vorher nicht wirklich eine Rolle gespielt haben.
Vergeltung: Hier sind schon beim eingehen neuer Beziehungen meine Kompetenzen gefragt. Wenn ein mensch sich durch das Eingehen neuer Beziehungen abgewertet fühlt oder sogar in siener Männlichkeit oder ihrer weiblichkeit blossgestellt fühlt, führt das zu Gefühlen starker Kränkung. Diese Gefühle können den unbewussten Wunsch nach Vergeltung entstehen lassen, der ein Motiv für passiven Widerstand darstellt.
und politisch motivierter Widerstand meint soetwas wie: Es darf sich einfach nichts verändern, richtet sich gegen die tatsache des Veränderungsprozesses als solches. Hier sit es wichtig, mich der Kritik zu stellen, aber auch, eine ganz klare Linie zu verfolgen, weil das meine Interessen deutlich macht und mich spürbar und sichtbar für die anderen werden lässt.